Kunst im Karner - Juni 2005 - Herwig Zens - Totentanz

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Biographie Herwig Zens

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Lübecker Totentanz

im neuhochdeutschen Text
Nathanael Schlott, 1701

Aus dem Lexikon: Totentanz

Herwig Zens vor dem Karner in Mödling © Herwig Zens

Der Tod.
HEran/ ihr Sterblichen; das Glas ist aus/ heran!
Vom Höchsten in der Welt/ bis auf den Bauers=Mann:
Das Wegern ist umsonst/ umsonst ist alles Klagen;
Ihr müsset einen Tanz/ nach meiner Pfeife/ wagen.

Der Tod an den Papst.
KOmm/ alter Vater/ komm, es muß geschieden seyn!
Kreuch/ aus dem Vatican/ in diesen Sarg hinein:
Hie trägt dein Scheitel nicht das Gold von dreyen Cronen;
Der Hut ist viel zu hoch/ du mußt izt enger wohnen.

Der Papst.
WJe/ scheut der Tod den Blitz von meinem Banne nicht?
Hilft kein geweih'tes Naß/ und kein geweih'tes Licht?
So bleibt mir doch die Macht/ zu lösen und zu binden;
Wie sollt' ich sterbend nicht den Himmels=Schlüssel finden?

Der Tod an den Kaiser.
AUf/ grosser Kaiser/ auf! Gesegne Reich und Welt/
Und wisse/ daß ich dir den letzten Tanz bestellt.
Mein alter Bund gilt mehr/ als Apfel/ Schwerdt und Bullen;
Wer mir Gesetze schreibt/ mahlt eitel blinde Nullen.

Der Kaiser.
WAs hör' ich? trägt der Tod für Göttern keinen Scheu?
Sind Kaiser=Cronen nicht vor seiner Sichel frey?
Wolan! so muß ich mich/ ach hartes Wort! bequemen/
Und von der dürren Hand den Reiches=Abschied nemen.

Der Tod an die Kaiserinn.
REicht ohngewegert her der Hände zartes Par/
Und wandert fort mit mir zu jener grossen Schar:
Doch spar't die Thränen=Flut des bittern Scheidens wegen;
Man wird euch dem Gemahl bald an die Seite legen.

Die Kaiserinn.
JSt Zeit und Stunde da: so schick ich mich darein/
Und will/ auch sterbend/ dir/ mein Kaiser/ änlich seyn:
Kannst du dem Reiche dich nicht stets/ als Sonne zeigen
So muß sich auch der Mond zum Untergange neigen.

Der Tod an den Cardinal.
GJb gute Nacht der Welt/ bestürzter Cardinal;
Dein Ende rufet dich zur ungezählten Zahl.
Ich weiß nicht/ was du dort wirst für ein Theil erlangen;
Das weiß ich/ Sohn/ du hast viel Gutes hier empfangen.

Der Cardinal.
ROm schenkte mir den Hut; der Hut trug Ehr' und Geld.
So baut' ich Sorgen=frey das Paradis der Welt.
Mein Wunsch war/ mit der Zeit auf Petri Stul zu rücken/
Und muß davor erblasst das Haupt zur Erde bücken.

Der Tod an den König.
DEnk an den wahren Spruch/ den Sirach abgefasst:
Der heute König heisst/ liegt morgen schon erblasst.
Alsdenn so kann man dich nicht mehr großmächtig schreiben/
Weil deine Macht zu schwach/ die Würmer zu vertreiben.

Der König.
STeckt denn des Todes Faust auch Königen ihr Ziel?
So gleicht das Regiment dem Schacht= und Königs=Spiel.
Mein Scepter streckte sich von Süden bis zum Norden;
Nun bin ich/ durch den Tod/ besetzt und schachmatt worden.

Der Tod an den Bischof.
DU lehnest dich umsonst auf deinen Hirten=Stab;
Zerbricht das schwache Rohr: so taumelst du ins Grab.
Hiernächst mag Menschen=Hand dir auf den Leich=Stein schreiben:
Ein Hirte kann nicht stets bey seiner Heerde bleiben.

Der Bischof.
UNsträflich konnt' ich zwar/ doch nicht unsterblich/ seyn;
Drum bricht der Tod mit Macht zu meinem Fenstern ein.
Nun wache/ wer da will; ich rüste mich zum Schlafe/
Und sage nichts/ als dieß: Gehabt euch wol/ ihr Schafe!

Der Tod an den Herzog.
HEr/ Herzog/ her mit mir zu jener langen Nacht!
Wenn dieser Zug geschehn/ so ist der Lauf vollbracht.
Hast du nun deine Lust/ ais wie den Feind/ befochten:
So nimm den Ehren=Kranz von GOttes Hand geflochten.

Der Herzog.
JCh zog mit Heeres=Kraft durch manch entferntes Land/
Und machte Nam und Ruhm der tapfern Welt bekannt;
Jtzt hemmt die Todes=Post den Glückes=Lauf im Siegen/
Und rufet: Schicke dich zu deinen letzten Zügen!

Der Tod an den Abt.
Hör' Abt/ die Glocke schlägt/ so dich zu Bette ruft!
Nun tanze fort mit mir zu der bestimmten Gruft:
Jnzwischen laß die Furcht der Einsamkeit verschwinden;
Dort wirst du ein Convent von tausend Brüdern finden.

Der Abt.
ZU steigen war mein Wunsch/ bis daß ich Ehrensatt.
Ach aber/ ach wie bald kehrt sich das Hoffnungs=Blatt!
Indem ich Tag und Nacht nach hohen Tituln schnappe:
Erhascht ein schneller Tod mich bey der schwarzen Kappe.

Der Tod an den Ritter.
WJrf ab den schweren Rock/ womit dein Leib bedeckt/
Und den polir'ten Stal/ der in der Scheide steckt:
Kein Eisen schützet dich vor meinen starken Pfeilen;
Du must mit mir zum Tanz/ in leichter Rüstung/ eilen.

Der Ritter.
IHr Helden/ schauet mich in diesen Waffen an!
So focht' ich/ als ein Löu; so stund ich als ein Mann/
Bis daß mein Gegen=Part gestrecket lag zur Erden!
Nun will der letzte Feind an mir zum Ritter werden.

Der Tod an den Carthäuser.
FOrt/ Bruder/ folge mir zur allgemeinen Ruh/
Und schleuß die Augen so/ wie dein Gebet=Buch/ zu!
Kannst du nun dort/ als hier/ in weiß gekleidet stehen:
So wirst du an den Tod/ als wie zum Tanze/ gehen.

Der Carthäuser.
MEin strenger Orden schrieb mir tausend Reguln für;
Jtzt greift der Tod mich an/ und rufet: Folge mir!
Wolan ich bin bereit/ mein Kloster zu verlassen/
Wenn ich die Regel nur der Sterbe=Kunst kann fassen.

Der Tod an den Bürgermeister.
JHr Bürger/ zürnet nicht/ wenn/ durch des Höchsten Schluß/
Der Bürgermeister selbst mit an den Reihen muß:
Der zu gemeinem Heyl so oft das Recht gesprochen/
Sieht über sich den Stab/ durch meine Faust/ gebrochen.

Der Bürgermeister.
ES ward fürs Vater=Land mein Leben abgenützt/
Und Stadt und Bürgerschaft mit Raht und That geschützt;
Ich fürchte nicht den Tod; denn/ wenn ich hier erkalte/
So weiß ich/ daß ich dort das Bürger=Recht erhalte.

Der Tod an den Dohm=Herrn.
JHr habet an dem Dohm doch nicht ein bleibend Haus/
Und müßt/ auf einen Wink/ mit SeI' und Leib hinaus.
So werdet ihr zwar hie/ nicht aber dort/ vertrieben/
Bleibt euch der Himmel nur als Eigen=Thum verschrieben.

Der Dohm=Herr.
DEn Jonas warf ein Fisch/ doch lebend/ an den Strand;
Mich wirft des Todes Schlund in jenes Vater=Land.
Jhr Menschen bauet doch die Häuser nicht so feste;
Dort seyd ihr erst daheim/ hier aber fremde Gäste.

Der Tod an den Edelmann.
WAs hilft es deiner Faust/ die manches Stück erjagt/
Wenn man dies wahre Wort nach deinem Hintritt sagt:
Dem Jäger ist es so/ wie seinem Wild'/ ergangen;
Denn jenes ward durch ihn/ er durch den Tod/ gefangen.

Der Edelmann.
ICh war auf nichts so sehr/ als auf die Jagd/ verpicht;
Die Sonne fand mich zwar/ doch in den Federn/ nicht;
Kein Wild entwischte mir in dick belaubten Büschen:
Jtzt kann ich/ leyder! selbst dem Tode nicht entwischen.

Der Tod an den Arzt.
BEschaue dich nur selbst/ und nicht dein Kranken=Glas;
Du bist/ dem Cörper nach/ so dauerhaft/ als das:
Ein Stoß zerbricht das Glaß/ der Mensch zerfällt im Sterben;
Was findet man hernach von beyden? Nichts/ als Scherben.

Der Arzt.
VErlässt mich meine Kunst/ alsdann gesteh' ich frey:
Daß zwischen Glas und Mensch kein Unterschied nicht sey.
Ihr Brüder sucht umsonst in Gärten/ Thälern/ Gründen/
Um für die letzte Noth ein recipe zu finden.

Der Tod an den Wucherer.
ICh fod're deinen Rest/ als meinen Zins/ von dir;
Zahl ab/ und laß die Last des schweren Beutels hier!
Ein Geiz=Hals hat noch nie den Geld=Sack mitgenommen;
Warum? Weil kein Camel durchs Nadel=öhr kann kommen.

Der Wucherer.
WAhr ists/ ich liebte nichts/ als Wucher und Gewinn/
Und merke/ daß ich arm/ beym Reichthum/ worden bin;
Mein Capital ist fort/ die Zinsen sind verstoben.
Ach hätt' ich einen Schatz im Himmel aufgehoben!

Der Tod an den Capellan.
JHr Armen/ seyd getrost! tanzt gleich der Mann mit mir;
So bleibt sein Beutel doch/ zu eurem Vortheil/ hier.
Nun suchet/ wo ihr könnt/ den Antheil von Praebenden;
Ich eile/ seinen Leib den Würmern auszuspenden.

Der Capellan.
JCh diente dem Altar/ und dieser diente mir;
Er gab mir Unterhalt/ und ich war seine Zier.
Den Beutel trug ich zwar/ doch nicht auf Judas Weise/
Drum bin ich auch so leicht zur letzten Todes=Reise.

Der Tod an den Amtmann.
DU zeigest/ nach Gebrauch/ ein saures Amts=Gesicht;
Jedoch was acht' ich das? Ich bin kein Bauer nicht.
Muß dieser schon dein Amt ganz tief gebücket ehren;
So ruf' ich: Amtmann fort! Du solt den Reihen mehren.

Der Amtmann.
DEn Bauern schafft' ich Recht; den Obern war ich treu.
So blieb mein Wandel rein/ und mein Gewissen frey.
Nun merk' ich/ daß der Tod die Tugend wenig schätzet;
Er rufet: Fort mit dir! Man hat dich abgesetzet.

Der Tod an den Küster.
DU siehest/ wie mich deucht/ recht miserable aus/
Doch dieß bewegt mich nicht; bestelle nur dein Haus!
Steht jemand oben an in meinem Zeit=Register:
So heisst es: Fort! Du seyst der Kaiser oder Küster.

Der Küster.
DEs Höchsten Knecht hat mich zu seinem Knecht erwählt.
So stund ich oben an/ wenn man von unten zählt:
Jtzt miethet mich der Tod mit Schrecken=vollen Minen;
Herr Pastor/ lebet wol! Ich kann nicht zweyen dienen.

Der Tod an den Kaufmann.
DEnk an den Banquerot, den Adam längst gemacht!
Der setzet dich in Schuld/ und hat mich hergebracht:
Zahl aus und liefre mir den Antheil meiner Ware/
So viel ich fassen kann auf einer Leichen=Bahre.

Der Kaufmann.
DEr letzte Mahner kömmt mir trotzig angerennt;
Doch bin ich nicht fallit, hier ist mein Testament:
Den Geist vermach' ich GOTT/ das Gut den rechten Erben/
Dem Satan meine Schuld/ den Leib dem Tod' im Sterben.

Der Tod an den Cläusener.
WAs kerkerst du dich selbst in enge Clausen ein?
Bist du ein Mensch/ und magst doch nicht bey Menschen seyn?
Laß/ greiser Wunder=Kopf/ den Schwarm der Grillen fliegen!
Du mußt gestorben doch bey deines Gleichen liegen.

Der Cläusener.
ICh bin ein Mensch/ und doch den Menschen nicht geneigt/
Weil manches Menschen=Herz das Bild des Teufels zeigt.
Nun komm/ erwünschter Tod! Du machest mir kein Grauen;
Viel lieber will ich dich/ als Menschen Unart/ schauen.

Der Tod an den Bauer.
KOmm/ Landsmann/ an den Tanz/ von Müh' und Arbeit heiß!
So schwitzest du zuletzt den kalten Todes=Schweiß.
Laß and're seyn bemüht mit pflügen/ dreschen/ graben:
Dein saurer Lebens=Tag soll Feyerabend haben.

Der Bauer.
JCh trug mit Ungemach des Tages Last und Noth/
Und aß/ von Schweiß bedeckt/ mein schwer=verdientes Brodt:
Doch da mein Führer mich zur Ruhe denkt zu bringen/
So kann ich wolvergnügt das consummatum singen.

Der Tod an den Jüngling.
JHr Nymphen/ die ihr hie den frischen Jüngling schaut/
Wünscht ihr vielleicht durch ihn zu heissen Jungfer Braut?
Umsonst/ die Rechnung wird euch mit einander trügen;
Ich werd' ihn in der That/ ihr in Gedanken/ kriegen.

Der Jüngling.
SO soll ich an den Tanz; wer hätte das gedacht?
Ich/ der ich manches Schloß/ doch in der Luft/ gemacht?
Nun wird mein Hoffnungs=Bau frühzeitig eingerissen;
Ich wollte bald die Braut/ und muß die Mutter/ küssen.

Der Tod an die Jungfer.
JCh halte/ wie die Welt/ von Complimenten nicht;
Muß heisst mein hartes Wort/ das Stal und Eisen bricht:
Und warum wollt ihr mir den letzten Tanz versagen?
Die Jungfern pflegen sonst kein Tänzgen abzuschlagen.

Die Jungfer.
JCh folge/ weil ich muß/ und tanze/ wie ich kann;
Jhr Schwestern/ wählet euch bey Zeiten einen Mann.
So reichet ihr die Faust dem Bräutigam im Leben/
Die ich dem Tode muß/ doch halb gezwungen/ geben.

Der Tod an das Kind.
NJmm/ zarter Säugling/ an den frühen Sensen=Schlag
Und schlaf hernach getrost bis an den Jüngsten Tag.
Wohl dem/ der so wie du fällt in des Todes Hände.
So krönt den Anfang schon ein hochbeglücktes Ende.

Quelle: Europäische Totentanz-Vereinigung, http://www.totentanz-online.de

Lübecker Totentanz

Lübecker Totentanz

Lübecker Totentanz

Der Tod im Danse macabre oder im deutschen Totentanz führt einen Reigen von Vertretern aller Stände an, beginnend bei Papst und Kaiser oder König, dann langsam die Stufen der Gesellschaft herabsteigend, und in der Regel abgeschlossen von einem Kind. An jeder zweiten Stelle im Reigen steht wieder der Tod, der die Menschen an der Hand führt oder zumindest in die Tanzrichtung weist. - Der Reigen gilt in der mittelalterlichen Dichtung als ein Zeichen einer Lebensfreude, die deutlich ins Erotische geht, weshalb die Kirche den Tanz als Paradigma der Sündhaftigkeit verurteilte. Damit ist also die im Totentanz ausgedrückte Warnung vor dem Tod zugleich eine Warnung vor der sündhaften, falschen Lebensfreude.
Der Lübecker Totentanz von 1463 entstand vermutlich angesichts einer Pestwelle, die sich vom Mittelrhein nach Nordosten verbreitete und schließlich 1464 Lübeck erreichte. Das Gemälde in der Lübecker Marienkirche wurde bis ins 18. Jh. immer wieder erneuert; 1942 wurde es im Krieg zerstört. Es war die im Norden wohl einflussreichste Darstellung des Themas. Der Text wurde mehrfach verändert und, illustriert mit Holzschnitten, 1489, 1496 und 1520 gedruckt. Der Totentanz in der Antoniuskapelle von St. Nikolai in Tallinn - der älteste in Text und Bild erhaltene deutschsprachige Totentanz - weist eine auffällige Verwandtschaft mit dem Lübecker Totentanz auf, und daher hat man vermutet, bei einer Renovierung in Lübeck 1588/89 seien Teile des Totentanz-Gemäldes nach Tallinn (Reval) verkauft worden - eine These allerdings, die sehr umstritten ist - ebenso wie die, dass der Lübecker und der Revaler Totentanz vom selben Künstler stammen.

Der Lübecker Totentanz beginnt wie zahlreiche Totentänze mit einem Prediger auf der Kanzel. Auf ihn bewegt sich der traditionell nach links (also zum Bösen hin) drehende Reigen zu. Der Tod, der den Reigen eröffnet, wiederholt die mahnenden Worte des Predigers und lässt sich dann mit jedem auf einen Dialog ein, in dem neben standesübergreifenden Ängsten und der Einsicht, dass alles Wehklagen gegen den Tod nicht hilft, auch standesspezifische Einsichten und Klagen stehen: Die höheren Stände trennen sich - alle gleich - nur schwer von ihrer Macht; die niedereren Stände dagegen beichten nun direkt ihre Vergehen, wie sie für den jeweiligen Berufsstand typisch sind. Besonders konkret werden die Beschreibungen bei den gehobenen städtischen Berufsgruppen - Bürgermeister und Kaufleute -, zu denen die Auftraggeber des Totentanzes gehörten: Der Lübecker Totentanz wurde nicht im Auftrag der Kirche, sondern im Auftrag der Patrizier angefertigt. Er ist ein ausgesprochen großbürgerlicher Totentanz. Positiv wird stets der große Fleiß dieser Berufsstände gewertet, während der Adel, der Klerus und die dem Stadtrat nicht angehörigen Berufsgruppen (wie Ärzte, Geldleiher, Handwerker) sehr kritisch gewertet werden.

Dass gerade ein solcher Totentanz in der Hanse-Hauptstadt erfolgreich sein musste, ist verständlich. Der Berliner Totentanz ist von ihm beeinflusst, die Hansestadt Reval übernahm oder kopierte ihn, und auch der älteste dänische Totentanz, zwischen 1536 und 1550 in Kopenhagen angefertigt, ist dem Traditionsstrang des Lübecker Totentanzes zuzuordnen. Der Kopenhagener Totentanz ist der älteste mit Text überlieferte skandinavische Totentanz, doch lange vor ihm entstand das Totentanzgemälde in Inkoo.

Quelle: ...wovon sich hier keiner fernhalten kann. Zum Totentanz in Lübeck, Tallinn und Inkoo von Cora Dietl

Der große Beschließer © Herwig Zens

Der alte Sensenmann, Brunn a/G © Herwig Zens

Der Toten Tanz, Brunn a/G © Herwig Zens

Der Tod mit der Violine, Brunn a/G © Herwig Zens

Skizzen zum Lübecker Totentanz © Herwig Zens

Skizzen zum Lübecker Totentanz © Herwig Zens

Skizzen zum Lübecker Totentanz © Herwig Zens

Lübecker Totentanz © Herwig Zens

Die Moiren, Brunn a/G © Herwig Zens

Auferstehung der Toten, Brunn a/G © Herwig Zens

Totentanz (aus dem Weblexikon Wikipedia)

Der Totentanz ist die seit dem 14. Jahrhundert aufgekommene bildliche Darstellung der Gewalt des Todes über das Menschenleben in einer Reihe von allegorischen Gruppen unter dem Bild des Tanzes.

14. Jahrhundert

Einer der frühesten bekannten Totentänze entstand 1463 wohl unter dem Eindruck der Pest in der Marienkirche von Lübeck. Dieses von einem unbekannten Künstler gestaltete Gebilde in der so genannten Totentanzkapelle wurde leider im 2. Weltkrieg zerstört.

Ursprünglich bildete der Totentanz den Stoff zu dramatischer Dichtung und szenischer Aufführung und wurde in kurzen, meist vierzeiligen Wechselreden zwischen dem Tod und anfangs 24 nach absteigender Rangfolge geordneten Personen verarbeitet. Wahrscheinlich war darin den sieben makkabäischen Brüdern mit ihrer Mutter und Eleasar (2. Makk. 6, 7) eine hervorragende Rolle zugeteilt, und es fand die Aufführung an deren Gedächtnisfest zu Paris im Kloster der unschuldigen Kindlein (aux Innocents) statt; daher der in Frankreich von alters her übliche lateinische Name Chorea Machabaeorum (franz. la danse Macabre).

In Paris war bereits 1407 die ganze Reihe jener dramatischen Situationen nebst den dazugehörigen Versen an die Kirchhofsmauer des genannten Klosters gemalt, und hieran schlossen sich bald weitere Malereien, Teppich- und Steinbilder in den Kirchen zu Amiens, Angers, Dijon, Rouen etc. sowie seit 1485 auch Holzschnitt- und Druckwerke, welche die Bilder und Inschriften wiedergaben.

Noch erhalten ist der textlose, aber die Dichtung illustrierende Totentanz in der Abteikirche von La Chaise-Dieu in der Auvergne, dessen Ursprung in das 14. Jahrhundert hinausreichen mag.

Reime und Bilder des Totentanzes verpflanzten sich von Frankreich aus auch nach England; die mannigfaltigste und eigentümlichste Behandlung aber ward ihm in Deutschland zu teil, wo er mit wechselnden Bildern und Versen in die Wand- und Buchmalerei überging. Eine Darstellung in einer Kapelle der Marienkirche zu Lübeck, deren niederdeutsche Reime teilweise erhalten sind, zeigt den Totentanz noch in seiner einfachsten Gestalt: 24 menschliche Gestalten, Geistliche und Laien in absteigender Ordnung, von Papst, Kaiser, Kaiserin, Kardinal, König bis hinab zu Klausner, Bauer, Jüngling, Jungfrau, Kind, und zwischen je zweien derselben eine springende oder tanzende Todesgestalt als verschrumpfte Leiche mit umhüllendem Grabtuch; das Ganze durch gegenseitig dargereichte und gefasste Hände zu einem einzigen Reigen verbunden und eine einzelne Todesgestalt pfeifend voranspringend (vgl. "Ausführliche Beschreibung und Abbildung des Totentanzes in der Marienkirche zu Lübeck", Lübeck 1831). Aus dem 14. Jahrhundert (vielleicht von 1312) rührt der jetzt verwischte Totentanz im Kreuzgang des Klingenthals, eines ehemaligen Frauenklosters der Kleinstadt Basel (Bilder und Reime bei Maßmann: "Baseler Totentänze", Stuttgart 1847) her. Hier ist die Zahl der Personen um einige neue, aus den niedern Ständen genommene vermehrt, auch das Ganze in einzelne Paare aufgelöst. Ein anderer wiederholt gedruckter Totentanz mit 37 tanzenden Paaren ("der doten dantz mit figuren") zeigt sowohl in den Figuren als in den Strophen Nachahmung der erwähnten französischen Danse Macabre.

15. Jahrhundert

Seit Mitte des 15. Jahrhunderts werden die Bilder des Totentanzes immer mehr vervielfältigt, während die Verse wechseln oder ganz weggelassen werden, und zuletzt gestalten sich beide, Bilder und Verse, völlig neu. Zunächst wurde der Totentanz von Kleinbasel nach Großbasel, vom Klingenthal an die Kirchofsmauer des Basler Predigerklosters (nicht vor der Mitte des 15. Jahrhundert) übertragen, wobei Zahl und Anordnung der tanzenden Paare dieselbe blieben, aber am Anfang ein Pfarrer und ein Beinhaus und am Ende der Sündenfall hinzugefügt wurden, während die das Ganze beschließende Person des Malers vielleicht erst Hans Hug Kluber, welcher 1568 das Bild restaurierte, anhängte. Bei dem Abbruch der Kirchhofsmauer 1805 ist das Original bis auf geringe Fragmente zu Grunde gegangen; doch haben sich Nachbildungen nebst den Reimen erhalten, namentlich in den Handzeichnungen Em. Büchels (bei Maßmann a. a. O.). Der zum Volkssprichwort gewordene "Tod von Basel" gab neuen Anstoß zu ähnlichen Darstellungen, obschon die Dichtkunst den Stoff ganz fallen ließ. So ließ Herzog Georg von Sachsen noch 1534 längs der Mauer des dritten Stockwerks seines Dresdener Schlosses ein steinernes Relief von 24 lebensgroßen Menschen- und drei Todesgestalten ausführen, ohne Reigen oder tanzende Paare und nach Auffassung wie nach Anordnung durchaus neu und eigentümlich. Dieses Bildwerk ward bei dem großen Brand von 1701 stark beschädigt, aber wiederhergestellt und auf den Kirchhof von Neustadt-Dresden übertragen (abgebildet bei Nanmann: "Der Tod in allen seinen Beziehungen", Dresd. 1844). Von der Basler Darstellung abhängig ist das aus dem 15. Jahrhundert herrührende Gemälde in der Predigerkirche zu Straßburg, welches verschiedene Gruppen zeigt, aus deren jeder der Tod seine Opfer zum Tanz holt (abgebildet bei Edel: "Die Neue Kirche in Straßburg", Straßburg 1825). Aus den Jahren 1470-90 stammt der Totentanz in der Turmhalle der Marienkirche zu Berlin (hrsg. von W. Lübke, Berlin 1861, und von Th. Prüfer, das. 1876). Einen wirklichen Totentanz malte von 1514 bis 1522 Niklaus Manuel an die Kirchhofsmauer des Predigerklosters zu Bern, dessen 46 Bilder, die jetzt nur noch in Nachbildungen vorhanden sind, bei aller Selbständigkeit ebenso wohl an den Basler Totentanz wie an den erwähnten "doten dantz mit figuren" erinnern.

Ausschnitt aus dem Holzstich "Totentanz" (Hans Holbein der Jüngere 1538). Holbein verdeutlichte, dass die Pest weder Stand noch Klasse kannte. Eine durchaus neue und künstlerische Gestalt erhielt aber der Totentanz durch Hans Holbein den Jüngeren. Indem dieser nicht sowohl veranschaulichen wollte, wie der Tod kein Alter und keinen Stand verschont, sondern vielmehr, wie er mitten hereintritt in den Beruf und die Lust des Erdenlebens, musste er von Reigen und tanzenden Paaren absehen und dafür in sich abgeschlossene Bilder mit dem nötigen Beiwerk, wahre "Imagines mortis", wie seine für den Holzschnitt bestimmten Zeichnungen genannt wurden, liefern. Dieselben erschienen seit 1530 und als Buch seit 1538 in großer Menge und unter verschiedenen Titeln und Kopien (neue Ausg. von F. Lippmann, Berlin 1879). Holbeins "Initialbuchstaben mit dem Totentanz" wurden in Nachschnitten von Lödel neu herausgegeben von Ellissen (1849). Daraus, dass Hulderich Frölich in seinem 1588 erschienenen Buch "Zween Todtentäntz, deren der eine zu Bern, der andre zu Basel etc." dem Totentanz am Predigerkirchhof größtenteils Bilder aus Holbeins Holzschnitten unterschob und Mechel sie in sein Ende des vorigen Jahrhunderts erschienenes Werk "Der Totentanz" aufnahm, entstand der doppelte Irrtum, dass man auch den ältern wirklichen Totentanz im Predigerkloster für ein Werk Holbeins hielt und des letzteren "Imagines" ebenfalls Totentanz benannte.

Spätere Jahrhunderte

Im Lauf des 16., 17. und 18. Jahrhunderts entstanden noch andere Totentänze in Chur (erzbischöflicher Palast mit Benutzung der Holbeinschen Kompositionen), Füssen, Konstanz, Luzern, Freiburg im Üchtland, Bleibach (Schwarzwald) und Erfurt, und Holzschneide- wie Kupferstecherkunst nahmen den Stoff wieder auf, dessen sich auch die Dichtkunst wieder bemächtigte, z. B. Bechstein ("Der Totentanz", Leipz. 1831).

Auch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man wieder Totentänze gezeichnet, so namentlich Alfred Rethel und Wilhelm von Kaulbach.

Ein zeitgenössischer Totentanz ist das nicht umsonst bisher erfolgreichste deutschsprachige Musical von Kunze/Levay "Elisabeth". Ende 1980er Jahre im Wiener "Theater an der Wien" uraufgeführt, schildert es das Leben der Kaiserin von Österreich als Totentanz, der durch die Vermählung mit dem Tod sein "Happy End" findet.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Totentanz

 

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